Jeder Radsportler kann von einem gut strukturiertem Krafttraining profitieren. Vom Bahnradfahrer, der in vielen Fällen offensichtlich über eine bemerkenswerte muskuläre Entwicklung verfügt, bis zum Bergfloh, für den das Körpergewicht eine große Rolle spielt, sind die positiven Auswirkungen eines spezifischen Krafttrainings mannigfach.

Schneller, weiter, härter.

Krafttraining kann die Ausdauerleistungsfähigkeit grundlegend unterstützen. So führt eine Erhöhung der Maximalkraft unweigerlich auch zur Verbesserung der sog. intramuskulären Koordination. Der Muskel lernt effizienter und effektiver zu arbeiten. Die Effizienz der Muskelarbeit schlägt sich wiederum in der Bewegungsökonomie nieder. Je besser diese ausgeprägt ist, desto geringer ist der Sauerstoffverbrauch bei ausdauernden Belastungen. Effektiv kann so im Radsport die anaerobe Schwelle erhöht werden, um eine bestimmte Leistung über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten oder eine höhere Leistung in der gleichen Zeit zu erbringen. Prinzipiell erhöht sich also die mittlere Leistung über die Dauer einer Belastung. Ein probates Mittel, um beispielsweise im Zeitfahren besser abzuschneiden.

In anderen Rennsituationen ist die Steigerung der Maximalleistung durch Krafttraining hilfreich. Eine höhere Wattleistung liefert unverkennbar bessere Ergebnisse im Sprint. Eigene Ausreißversuche werden zu einer größeren Gefahr für die Gegner. Auf der anderen Seite fällt es leichter auf deren Attacken zu reagieren. Natürlich profitieren auch Bergflöhe, wenn das Verhältnis von Leistung zu Körpergewicht verbessert wird. Kraft ist primär eine Fähigkeit des zentralen Nervensystems, weshalb Krafttraining auch ohne Gewichtszunahme bzw. Muskelaufbau möglich ist. Generell ist die Sorge vor einer durch Krafttraining verursachten Gewichtszunahme im Radsport unbegründet. Die Trainings- und Wettkampfumfänge sind um ein vielfaches größer, als ein bis zwei Stunden Krafttraining pro Woche. Die beim Ausdauersport unterliegenden Stoffwechselprozesse machen eine signifikante Gewichtszunahme durch Muskelaufbau weitestgehend unmöglich. Wenn dann doch mal das ein oder andere Kilo hinzukommt, ist dies in den meisten Fällen auf den zu häufigen Besuch des Kuchenbuffets oder längere Trainingsunterbrechungen zurückzuführen.

Radsport ist ein Ausdauersport und Ausdauersportarten werden primär durch die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems bestimmt. Wie erfreulich, dass Krafttraining auch diesbezüglich positive Veränderungen hervorruft. Durch den Vorgang der Kapillarisierung verbessert Kraftausdauertraining erwiesenermaßen die Durchblutung des Muskelgewebes. Durch die Bildung neuer Blutgefäße können die Muskelzellen effektiver mit Energie versorgt werden und beim Ausdauersport mehr Leistung generieren. Zusätzlich können Regenerationsprozesse durch eine verbesserte Kapillarisierung beschleunigt werden.

Motivation & Drive.

Auch wenn die meisten Radsport-Enthusiasten das Radfahren als Leidenschaft bezeichnen werden, gibt es mit Sicherheit Momente, in denen sich die Lust aufs Radeln in Grenzen hält. Ein fest im Trainingszyklus vorgesehenes Krafttraining kann hier etwas frischen Wind in den Kalender bringen. Das Erlernen und Meistern neuer Bewegungen motiviert. Das Aufstellen neuer Bestleistungen im Kraftraum und auf dem Rad motiviert noch mehr. Motivation und Trainings-Drive sind langfristig essentiell, wenn sportliche Erfolge gefeiert werden sollen und man dabei auch noch Spaß an der Sache haben möchte. Eine sinnvolle Kombination aus Kraft- und sportartspezifischem Training kann hierzu seinen Teil beisteuern.

Gesund bleiben.

Ein weiterer grundlegender Aspekt einer erfolgreichen sportlichen Karriere ist die körperliche Unversehrtheit. Nichts gefährdet diese so sehr wie Verletzungen. Wer sich in einem Sport verbessern will, muss diesen so viel wie möglich und auf hohem Niveau betreiben können. Glücklicherweise kann durch Krafttraining einiges an Verletzungsprävention geleistet werden, um während und auch noch lange nach der eigentlichen Karriere leistungsfähig und gesund zu sein. Insbesondere im Radsport erfolgen die immer gleichen Bewegungsabläufe mit sehr geringer Varianz. Dies kann auf orthopädischer Ebene langfristig für einige Problematiken sorgen. Vereinfacht gesagt befinden sich die Gelenke beim Radfahren die meiste Zeit in der gleichen Position und werden nicht über ihren vollen Bewegungsumfang eingesetzt. Einseitige Belastungen können langfristig zu einem Verlust der Gelenkintegrität führen, was sich wiederum in einer erhöhten Degeneration niederschlägt. Dies lässt sich vor allem bei primär muskulär gesicherten Gelenken, wie der Wirbelsäule und den Schultern, erkennen. Durch eine ganzheitliche Kräftigung aller beteiligten Strukturen kann dem Verschleiß entgegengewirkt werden.

Das größte Risiko im Radsport besteht jedoch durch Stürze. Auch wenn diese durch Krafttraining natürlich nicht verhindert werden können, ist ein widerstandsfähiger Körper in solchen Situationen besser gewappnet. Krafttraining stärkt nicht nur die Muskeln, sondern auch Bänder, Sehnen, Knorpel und Knochen. Je kräftiger diese Strukturen sind, desto geringer ist die Verletzungsanfälligkeit bei einem Sturz. Auch die Regenerationszeit beschädigter Strukturen kann durch Krafttraining verkürzt werden.

Zuhause oder im Fitnessstudio?

Wer nun den offensichtlichen Entschluss gefasst hat, seine Leistungsfähigkeit zu verbessern und aktive Verletzungsprävention zu betreiben, steht unweigerlich vor der Frage, wo er das Training durchführt. Es ist ganz einfach – Krafttraining findet im Kraftraum statt. Wo sich dieser befindet spielt keine Rolle. Krafttraining braucht Widerstand und um Widerstand zu ermöglichen, werden bestimmte Gerätschaften benötigt. Grundlegend vorhanden sein sollte eine Langhantel mit Gewichten und einem Ständer, auf dem man die Hantel in erhöhter Position ablegen kann. Wenn dann noch eine Klimmzugstange, Kurzhanteln und eine Trainingsbank vorhanden sind, steht alles bereit um ganzheitlich stärker zu werden. Diese Ausstattung wird in so gut wie jedem Fitnessstudio zu finden sein. Gemessen an den Kosten die der ein oder andere für sein Material in Kauf nimmt, kann man sich sicherlich auch Gedanken über die Ausstattung eines privaten Trainingsbereichs machen. Dies kann langfristig Zeit und entsprechend der monatlichen Preise für ein Fitnessstudio auch Geld sparen.

Wo nicht mit Zeit und Geld gespart werden sollte, ist beim Erlernen der richtigen Technik und bei der Strukturierung eines individuellen Trainingsplans. Anfängern ist die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Coach oder Trainer anzuraten, um von Beginn an zielgerichtet und ohne Verletzungsrisiko zu trainieren. Bestenfalls handelt es sich hierbei um einen Experten, der auch Erfahrungen im Radsport hat, um auf die Anforderungen und Bedürfnisse eines Radsportlers individuell eingehen zu können.

Wann und wie oft?

Wie oft man Krafttraining betreiben sollte, um sich im Radport zu verbessern, hängt primär vom Faktor Zeit ab. Hierbei sollte man sich die Fragen stellen, wie viel Zeit habe ich generell zur Verfügung und zu welchem Zeitpunkt beeinträchtigt das Krafttraining das Training auf dem Rad nicht und umgekehrt.

Die gute Nachricht ist, dass zwei Mal wöchentlich ca. 30-60 Minuten Ganzkörpertraining ausreichen, um Fortschritte zu erzielen. In der Wochenplanung der Trainingseinheiten sollte das Krafttraining zeitlich möglichst weit weg von intensiven Einheiten auf dem Rad durchgeführt werden. Sowohl muskulär als auch zentralnervös sind beide Beanspruchungen so hoch, dass unser System bestenfalls 48 Stunden erhält, um sich wieder zu erholen. Bei mehren Trainingseinheiten am Tag hat das Krafttraining Vorrang und sollte demnach Vormittags ausgeführt werden, wenn das zentrale Nervensystem erholt und voll leistungsfähig ist. Gegen eine lockere Runde auf dem Rad ist zu einem späteren Zeitpunkt nichts einzuwenden, wenn dazwischen mindestens 4-5 Stunden pausiert und ausreichend Nahrung zugeführt wurde. Hierbei sind hochwertige Proteine und Kohlenhydrate die wichtigsten Faktoren, um möglichst schnell zu regenerieren. Wer den Luxus und gute Erfahrungen damit hat, sollte definitiv auch einen Mittagsschlaf zwischen den Trainingseinheiten in Erwägung ziehen.

Wer nun denkt, er könne das Krafttraining ganz einfach auf seinen Ruhetag legen, dem ist in den meisten Fällen davon abzuraten. Ein Ruhetag dient der Regeneration. Müde Beine werden nicht schneller wieder stark, indem man sie intensiv trainiert. Besonders im Krafttraining ist eine ausreichende Erholung unabdingbar. Ohne ausreichende Regenerationszeiten ist das Training für die Katz und kann darüber hinaus sogar negative Auswirkungen haben.

Mehr als Sport.

Letztendlich profitiert man von einem Krafttraining weit über den Radsport hinaus. Wir sind nicht nur Sportler, sondern auch Menschen. Unser Wohlergehen ist unweigerlich an unsere körperliche Gesundheit gebunden. Das eigene Kraftniveau und die Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren physischen Einflüssen spielen hierbei eine elementare Rolle. Hinzu kommen unzählige weitere positive Adaptationen. Mit keiner anderen Trainingsform können diese so effektiv und effizient hervorgerufen werden, wie mit dem Krafttraining.

Quelle Foto: Chris Peeters on Pexels